Karlheinz Rabas
Niederdeutsche Texte
von Hermann Tobien und anderen


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Kennen Sie die Pohlbürger? Das waren die alteingesessenen Familien einer Gemeinde. Der Begriff geht zurück auf den uralten Brauch der jährlichen Grenzbegehung der Gemeinde. (Pohl bzw. Paohl war das plattdeutsche Wort für einen Pfahl.)

Einige ihrer Bräuche und Sitten lernen wir in einem neuen Heft kennen. Heimatforscher Karlheinz Rabas, Leiter des Stadtteilarchiv Rotthausen, hat eine bunte Mischung niederdeutscher Texte aus 20 Jahrgängen der in Bochum erschienenen Zeitschrift „De Pohlbörger“ ausgesucht und als das zehnte Heft der Reihe „Raritäten aus dem Stadtteilarchiv Rotthausen“ herausgegeben.

Der Zeitungsbericht von einem plattdeutschen Abend in Buer 2018 erinnerte den bekannten Lokalhistoriker Karlheinz Rabas an die erste Begegnung mit der plattdeutschen Sprache in seiner Kindheit.

Als Fünfjähriger im Zweiten Weltkrieg nach Enger in Ostwestfalen evakuiert, hatte Karlheinz erhebliche Probleme mit seiner Urgroßmutter, die nur Plattdeutsch sprach. „Sie verstand auch nicht, dass ich sie dadurch nicht verstehen konnte,“ erklärt er. Das änderte sich aber als der Junge schnell lernte, Plattdeutsch zu verstehen.


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De Pohlbörger
Blättken för den Plattdütschen Verband Ruhrgebiet
[Titelkopf der Zeitschrift]

Der Zeitungsbericht erinnerte Rabas auch an einen Stapel der Zeitschrift „De Pohlbörger“, den er auf einem Flohmarkt in Gelsenkirchen entdeckt hatte. Das ab 1954 in Bochum erschienene Blättken för den Plattdütschen Verband Ruhrgebiet enthielt viele Beiträge von Hermann Tobien, einem in Rotthausen bekannten Mann und u.a. Autor des einzigen Rotthauser Geschichtsbuches.

Im neuen Heft der Serie „RARITÄTEN AUS DEM STADTTEILARCHIV ROTTHAUSEN“ werden viele seiner Beiträge wiedergegeben, in denen alte Sitten und Gebräuche in plattdeutsch beschrieben und Begriffe erklärt sind.

Auch Texte anderer Autoren sind hier nachgedruckt, so etwa ein Beitrag von Prof. Dr. Franz Giese, Münster, der die Sprachen „Engelsch un Plattdütsch“ vergleicht. Giese stellt fest: „De Englänners ehre Sproke es halw plattdütsch, halw französch.“ Das wundert aber nicht, denn „600 Johre lang was in England nix as plattdütsch geküert.“


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Dat Evangelgen to Christdag
Die plattdeutsche Erzählung von 1494
nach dem Lukas-Evangelium hat Tobien ins Ruhrplatt übersetzt

Neben Beiträgen über „Fröhere Gebräuke an Ruhr un Imsche“ und „Van westfölsche Schusterjungs“ lesen wir auch Lieder und Gedichte sowie „Dat Evangelgen to Christdag“, einen plattdeutschen Bibeltext von 1494 „in Ruhrplatt öwersatt“.

Bergbau darf natürlich nicht fehlen: „Dä düchtige Obersteiger“ und „Dä Bergmannsbrut“ sind nur zwei der Charaktere die wir kennenlernen. Ein Gedicht erzählt auch von „Wiehnacht inne Kokorie“.

An anderer Stelle lesen wir die an den Häusern Gelsenkirchens gemalten „finnige Spottverskes“.

Mit der Geschichte von Till Eulenspiegel hat sich der deutsche Volkshumor ein bleibendes Denkmal gesetzt. Die hochdeutsche Ausgabe hat im Jahre 1500 einen „Triumphzug durch die Weltliteratur“ begonnen. Leider ist der niederdeutsche Vorläufer „verschütt gegohn“.

Im neuen Heft vom Stadtteilarchiv Rotthausen lesen wir eine moderne Version der Geschichte vom „Spaßvugel“, die Herm Tobien in unsere Gegend „an Ruhr un Imsche“ versetzte. Daraus wurde eine lustige Fortsetzungsserie, „Dill – De Ruhrländsche Ulenspeigel“, die im neuen Heft nachgedruckt wird. Hier erfahren wir von Dills lustigen Abenteuern etwa als „Wiehnachtsengel“, „Bäckstift“ oder „Dögenix“ in Essen, als „Husknecht in Buer“ und als „Nachtwächter van Gelskerken“.

Wir lernen solche Charaktere wie der „Häxenpastor van Gladbeck“ und den „steenrieken Pastor Unversagt van Sünt Urban“ in Buer, oder auch „de küerige Jan Dierk“ aus Sutum:

 
« Dat was en Kiepenkärl. Op’n Puckel dreig he sine Kiepe pickepackevull van Höltenware, Botternäppen, Schmantleppels un annern Krimskroom. »
 

Schließlich besucht Dill den Häringsmarkt in Horst an de Imsche und stellt fest: „Ganz Horst stunk no Häringe un Gold“.


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Kärmis
Ein Vers von Willi Schlüter, Essen, erzählt wie glücklich die Kinder wären,
ein paar Penninge Kirmesgeld zu bekommen.

Das ganze Heft macht ein interessantes und lustiges Lesevergnügen. Auch diejenigen, die des Niederdeutschen nicht mächtig sind, können sich eine Exkursion ins Ruhrplatt wagen.